Die Fotografin by Schiller B.C

Die Fotografin by Schiller B.C

Autor:Schiller, B.C. [Schiller, B.C. - Die Fotografin]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-30T00:00:00+00:00


Der Club „Red Room“ ist laut, heiß und überfüllt. Ich werde von dem wummernden Beat und der Partystimmung vorwärtsgetrieben, bis ich an dem Bartresen lande. Der Barkeeper mustert mich interessiert, während er meine Bestellung aufnimmt und ich schenke ihm mein schönstes Lächeln. Es schmeichelt meinem Ego, dass ich auf Männer noch immer begehrenswert wirke. Hinter der Bar hängt ein großer Spiegel, in dem ich mich unauffällig betrachte, während ich an einem Glas Weißwein nippe. Obwohl ich noch immer die Nachwirkungen der Infusionen und Tabletten spüre, finde ich mich in der weichen, indirekten Beleuchtung erstaunlich gut aussehend. Meine blonden Haare schimmern und durch die Plateausandalen wirke ich groß und beeindruckend. Fehlt nur noch die Kamera für mein Selbstbewusstsein, aber ich habe sie zuhause nicht gefunden. Wahrscheinlich hat sie Gregor noch in seinem Wagen.

Auf den ersten Blick erinnert nichts mehr an die Frau, die noch vor wenigen Stunden Insassin einer privaten Nervenklinik gewesen ist und ziemlich am Ende war. Im Augenblick strotze ich vor Selbstsicherheit. Zwar habe ich das Mädchen mit dem Tinkerbell-Tattoo noch immer nicht gefunden, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sie doch noch hierherkommt. Irgendwie bin ich davon überzeugt, dass mir in dieser Nacht alles gelingt.

Meine Gedanken schweifen zurück. Kurz nachdem Brandt das Haus verlassen hat, machte sich auch Gregor auf den Weg. Wahrscheinlich fährt er zu A. M., dachte ich bitter, als ich in das Haus ging, mich ausgiebig duschte und umzog. Aber als mir einfiel, dass auch ich ihn mit Talvin betrogen habe, verrauchte meine Wut. Nicht so schnell wegstecken konnte ich hingegen das Gespräch, das ich belauscht hatte, vor allem Gregors unterschwellige Anschuldigung, dass ich die Schuld an dem Tod von Paul trage.

Doch ich bin nicht alleine schuld! Immer wieder ließ ich dieselbe Szene ablaufen, die sich in meinem Gedächtnis eingebrannt hat und nie wieder gelöscht werden kann. Paul klettert auf den Felsen herum, ich blättere gelangweilt in einem Magazin, in respektvollem Abstand zum Meer, denn ich liebe zwar das Wasser, aber nur aus der nötigen Entfernung. Gregor steht an der Strandbar und telefoniert mit dem Parteivorsitzenden höchstpersönlich, was anscheinend eine große Auszeichnung ist. Paul turnt noch höher den Felsen hinauf, bis er das Plateau erreicht, von dem aus die guten Schwimmer und natürlich auch Gregor einmal ins Meer gesprungen sind. Oben warnt ein Schild vor den gefährlichen Unterströmungen, die für ungeübte Schwimmer tödlich sein können. Paul winkt und tanzt auf der Plattform umher und geht vor bis an den Rand. Er beugt sich weit nach vorne, sieht hinunter auf das trügerisch blaue und so unschuldig wirkende Meer. Wahrscheinlich überlegt er noch ein paar Sekunden, doch dann nimmt er all seinen Mut zusammen und springt.

„Juhuhu Mama!“, kreischt er. „Jetzt bin ich genauso stark wie Papa!“ Dann ist er auch schon unten und im Wasser verschwunden.

„Nein Paul, nicht!“, schreie ich und rase über den Kieselstrand. Doch es ist bereits zu spät. „Gregor! Hilfe!“, brülle ich in Panik und er blickt zwar überrascht hoch, hört aber nicht auf, zu telefonieren. Stattdessen nimmt er seine Taucheruhr vom Handgelenk und legt sie auf den Tresen, dreht an dem Ring.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.